Eine kostengünstigere Alternative zu Containern und Leichtbauhallen

Bei der Unterbringung von Geflüchteten in Containersiedlungen, auch „Mobile Wohnanlagen“ genannt, fallen derzeit für 4 Personen ca. 19.968 Euro pro Jahr an. Hierbei sind die Erschliessungskosten für den Containerstandplatz einberechnet, jedoch nicht die laufenden Betriebskosten (Ordnerdienste, Unterkunftsverwaltung, Personal, etc.), die bei solchen Unterbringungsformen anfallen. Die von der Stadt zunächst ebenfalls für zwei Jahre angemieteten Leichtbauhallen kosten sogar deutlich mehr pro Person und Jahr. Hierbei sind die Erschließungskosten noch nicht einmal eingerechnet. Dass Leichtbauhallen günstiger als Container sind, ist also ein Gerücht, das nicht zutrifft.

Auf den Quadratmeter gerechnet, kommt man mit der Unterbringung in Containern auf Kosten von 24,20 Euro pro Monat, bei der Anmietung von Leichtbauhallen sogar auf ca. 60 Euro. Verglichen mit dem derzeitigen Bochumer Mietspiegel von 5-6 Euro ist dies eine absurd hohe Zahl, durch die keinesfalls eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet ist: Einer Person werden dort lediglich 6,6 m² (in Containern) bzw. 6,8 m² (in Leichtbauhallen) zugestanden. In dieser Quadratmeterzahl sind gemeinschaftlich genutzte Flaechen wie Eingangsbereich und Aufenthaltsbereich sowie Platz für Waschmaschinen etc bereits enthalten. Zum Vergleich: die Angemessenheitsgrenzen für Wohnungen von Hartz-IV EmpfängerInngen betragen:

–  für 1 Person bis zu 50 m²
–  für 2 Personen bis zu 65 m²
–  für 3 Personen bis zu 80 m²
–  für 4 Personen bis zu 95 m²
–  und für jede weitere Person 15 Quadratmeter mehr

Was sind geeignete Alternativen? Eine Überlegung wert wäre die Anmietung oder Kauf von bestehenden gewerblichen oder privatem Immobilienleerstand, oder auch der Neubau von Wohnungen in kommunalem Eigentum. Bei Anmietung von leerstehenden Wohnungen unter Anwendung der Angemessenheitskriterien für Hartz-IV EmpfängerInnen kommt die Stadt bei Orientierung am derzeitgen Marktpreis pro Quadratmeter ungefähr auf ein Zehntel der Kosten, die sie für den Container-oder Zelthallen-Quadratmeter bezahlt.

Ein Rechenbeispiel:  Die Unterbringung von vier Geflüchteten in Containern oder Zelthallen kostet die Stadt aktuell 1.660 Euro pro Monat, also 19.968 Euro im Jahr. Wenn sie stattdessen 4 Geflüchtete in einer selbstgebauten kommunalen 95m²-Wohnung menschenwürdig unterbringt, fallen im Vergleich zur Container/Zelthallenunterbringung dadurch Kosten in Höhe von 19.968 Euro im Jahr weg. Dafür fallen laut Betriebskostenspiegel NRW pro Quadratmeter Betriebskosten von ca. 3,35 Euro pro Monat an. (Grundsteuer, Wasser/Abwasser, Heizung, Warmwasser, Aufzug, Straßenreinigung, Müllbeseitigung,  Gebäudereinigung, Gartenpflege, allgemeiner Strom, Schornsteinreinigung, Versicherung, Hauswart, Antenne/Kabel, Sonstiges). Für 95 qm sind das im Jahr also ca. 3.819 Euro. Zieht man diese 3.810 Euro von den 19.968 Euro ab, bleiben 16.449 Euro übrig, die die Stadt pro Jahrs part, wenn sie eine vierköpfige Familie statt in einem 26-Quadratmeter-Container in einer stadteigenen 95qm-Wohnung wohnen lässt.

Der durchschnittliche Kaufpreis für Eigentumswohnungen in Bochum liegt bei 1.780 Euro pro Quadratmeter. Wenn die Stadt selbst Wohnungen baut, könnte sie den Preis pro Quadratmeter unter dieser Summe halten. Rechnen wir dennoch einfach mal mit dieser hohen Summe. Dann würde der Kauf/Bau der 95-Quadratmeter-Wohnung etwa 169.900Euro kosten. Die Instandhaltungskosten einer Wohnung betragen pro Jahr etwa 1,2 Prozent der Baukosten, also etwa 2038 Euro. Zieht man diese Summe von den 16.449 Euro ab, die die Stadt monatlich durch eine Wohnung in kommunalem Eigentum spart, bleiben 14.120 Euro übrig.

Nach wie viel Jahren hätte sich der Bau der kommunalen Wohnung alleine durch das Geld refinanziert, dass die Stadt Monat für Monat durch die nicht benötigten Container/Zelthallen einspart?

Antwort: Bereits nach zwölf Jahren hätte die Stadt nicht nur die Kosten für den Neubau der Wohnung refinanziert, sondern Menschen menschenwürdig auf 23 qm statt unmenschlichen 6qm pro Person untergebracht – und gleichzeitig hätte sie noch kommunales Eigentum an Wohnungen aufgebaut. Das wäre selbst bei sinkenden Flüchtlingszahlen höchst sinnvoll, um alle Bochumer BürgerInnen menschenwürdiges Wohnen zu ermöglichen. Bei Vermietung der Wohnung könnte die Stadt sogar zusätzliche Einnahmen generieren. Dank der Wohnungsbauförderung durch das Land NRW und dank des aktuell niedrigen Zinsniveaus könnte die Stadt auch komplett ohne die Investition von Eigenkapital bauen, ohne dass sich die Kalkulation massiv verschiebt.

Quellen:
Beschlussvorlage der Verwaltung „Unterbringung von Flüchtlingen – zeitnahe Erhöhung der Aufnahmekapazitäten“ vom 10.09.2015
Mietspiegel

Ein Gedanke zu „Eine kostengünstigere Alternative zu Containern und Leichtbauhallen“

  1. Wenn heutige Bauvorschriften eingehalten werden sollen ist der hier genannte Preis von Euro 1.780,- pro Quadratmeter mehr als ambitioniert. Im herkömmlichen Wohnungsbau lassen sich hiermit nur Einfachst-Wohnungen in Massenverdichtung (Gettobildung) errichten, die später nicht mehr vermietbar oder verkäuflich wären.
    Es ist zwar ein neues Bauverfahren in der Entwicklung, das für diesen Preis eine hochwertige Bausubstanz ermöglicht – nur steht dieses Verfahren zur Zeit noch vor seiner Marktreife.

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