An den Fluchtursachen hat sich nichts geändert. Aufgrund der brutalen europäischen Abschottungspolitik schaffen es jedoch nur noch wenige Flüchtende bis nach Bochum. Sehr viele Geflüchtetenunterkünfte in unserer Stadt stehen leer. Dennoch setzt die Stadt Bochum ihre Abschiebungs- und Vertreibungspolitik fort.
Alleine im Zeitraum vom 1. bis zum 10. März hat die Bochumer Ausländerbehörde drei Abschiebungen durchgesetzt, und elf weitere Personen sind zur „Ausreise“ gebracht worden. Das wird aus einer Mitteilung deutlich, die Sozialdezernentin Britta Anger zur Sitzung des Sozialausschusses am Donnerstag vorgelegt hat. Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs. Viele hundert Menschen leben in unserer Stadt tagtäglich mit der stark belastenden und manchmal retraumatisierenden Angst vor einer Abschiebung.
Ob gewaltsame Abschiebung oder erzwungene Ausreise: Wir fordern ein Ende dieser unmenschlichen Politik, die für die Betroffenen in jedem Einzelfall eine Katastrophe darstellt. Für besonders zynisch halten wir dabei, dass Politik und Behörden viele der durchgesetzten Vertreibungen aus Bochum als „freiwillige Rückkehr“ bezeichnen.
Tatsächlich ist es nämlich so: Den betroffenen Geflüchteten ist zunächst das Aufenthaltsrecht verweigert worden, anschließend werden sie von den Behörden massiv unter Druck gesetzt, und müssen ständig fürchten, mitten in der Nacht von der Polizei abgeholt zu werden. Parallel dazu gibt sich die Stadt Bochum alle Mühe, jede Perspektive zu zerstören, die sie in unserer Stadt hätten: Sie dürfen nicht an Sprach- und Integrationskursen teilnehmen, dürfen sich keine Wohnung suchen, und arbeiten sowieso nicht.
Statt Geld in menschenwürdige Verhältnisse hier bei uns zu investieren, nutzen die Behörden die durch Arbeitsverbote mitverursachte Armut noch auf eine Art und Weise aus, um das Asylrecht auszuhebeln: Geflüchteten aus rund 40 Ländern bieten die Behörden 1.200 Euro dafür, dass sie noch vor Zustellung des Asylbescheids ihren Asylantrag zurücknehmen und verbindlich zusagen, „freiwillig“ aus Deutschland auszureisen. Eine Bonuszahlung von 800 Euro bekommen diejenigen, die nach Erhalt eines negativen Asylbescheides ausreisen und, so heißt es im entsprechenden Erlass, „keine Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel gegen die Entscheidung“ einlegen.
Menschen erst durch Arbeitsverbote in Armut zu halten, und sie dann mit Geldprämien dazu zu bringen, auf Grundrechte wie eine Asylentscheidung bzw. auf Rechtsmittel gegen eine möglicherweise falsche Entscheidung zu verzichten, das stellt die Prinzipien eines Rechtsstaats grundsätzlich in Frage. Für uns ist klar: Wenn Menschen unter der bewusst herbeigeführten Perspektivlosigkeit und unter konstanten Abschiebungsdrohungen irgendwann aufgeben und vielleicht sogar zusagen, in die Verhältnisse zurückzukehren, aus denen sie geflohen sind, dann hat das überhaupt nichts mit Freiwilligkeit zu tun. Es handelt sich ökonomische Erpressung und somit um eine Vertreibung.
Innerhalb der vergangenen zwölf Monate haben die Bochumer Behörden 195 Neu-Bochumer*innen wieder vertrieben, und 34 Menschen sind gewaltsam abgeschoben worden. Es ist erklärtes Ziel der Politik, beide Zahlen in diesem Jahr spürbar zu erhöhen. Ehrenamtliche Initiativen rund um die Unterkünfte berichten bereits seit über einem Jahr, wie einzelne Gruppen von Geflüchteten durch Verlegungen offensichtlich in abgelegeneren Stadtteilen konzentriert werden sollen, um sie von dort dann leichter abschieben zu können. Fernab ihrer in Bochum geknüpften Kontakte und Netzwerke, heimtückisch.
Wir fordern:
- Schluss mit der menschenverachtenden Rede von der „freiwilligen Rückkehr“!
- Perspektiven hier in Bochum schaffen statt Drohungen und ökonomische Erpressung!
- Bleiberecht statt Abschiebungen und Vertreibungen!