Hier der Redebeitrag der Gruppe Crème Critique aus Duisburg am Samstag auf der Demonstration in Bochum:
Hallo liebe Freund*innen einer solidarischen Gesellschaft,
in den letzten Jahren ist es rechtsradikalen und rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien in vielen Ländern Europas gelungen, ihre Anhängerschaft massiv zu vergrößern und ihren Einfluss auf die Politik dieser Staaten auszubauen.
Diese Entwicklung bezeichnen wir als Rechtsruck. In Deutschland ist diese Entwicklung vor allem in den Verschärfungen im Asylgesetz, dem vorantreiben des Ausbaus der Festung Europa und im Bereich der sog. „inneren Sicherheit“ zu bemerken.
In den letzten Monaten haben wir uns im Rahmen der Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative” zusammen mit weiteren Gruppen aus NRW sowohl praktisch, in Form von Protesten, z.B. gegen den AfD-Bundesparteitag in Köln, als auch theoretisch mit dem Phänomen „Rechtsruck” beschäftigt.
In der öffentlichen Debatte wird die sogenannte Flüchtlingskrise im Jahr 2015 häufig als Grund für das starke Abschneiden rechtspopulistischer Parteien und für das Erstarken rechter Bewegungen und Einstellungen interpretiert. Tatsächlich hat die so genannte Flüchtlingskrise in bestimmten Bevölkerungsteilen die Angst vor einem sozialen Abstieg weiter angefacht und bereits vorhandene rassistische Potenziale mobilisiert.
Zusammen mit sozio-ökonomischen Faktoren und anderen längerfristigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen wirkte die sogenannte Flüchtlingskrise als Katalysator für rechte Wahlerfolge und den immer dem offeneren formulierten Rassismus in unserer Gesellschaft. Sie war aber unserer Meinung nach nicht die eigentliche Ursache dieser Entwicklung. Rassistischer Hass und Ausgrenzung entstehen nicht erst im Rechtsruck.
Sie sind fester Bestandteil der spätkapitalistischen Gesellschaft. In der kapitalistischen Gesellschaft findet Produktion nicht zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung, sondern zur Profitmaximierung statt. Entsprechend ist die Form der Arbeit: Sie ist langwierig, meist ermüdend und anstrengend. Jegliche Bildung, die das Individuum erhält, wird immer von dem Aspekt bestimmt, dass sie Ausbildung für die Konkurrenz des Arbeitsmarktes ist. So erlernt das Individuum von klein auf, dass es um überlebensnotwendige Ressourcen konkurrieren muss. Durch die veränderten Produktionsbedingungen in den letzten Jahren sind Ausbeutung durch Lohnarbeit und kollektiver Widerstand dagegen nicht mehr alltäglich erfahrbar – Konkurrenz unter Lohnabhängigen allerdings schon. Große Teile der Bevölkerung erleben die Konkurrenz mit zugewanderten Arbeitskräften und ausländischen Unternehmen als Gefahr für ihren Lebensstandard.
Die radikale Linke und alle Menschen, die die Hoffnung auf eine einer besseren, solidarischen Gesellschaft noch nicht aufgegeben haben müssen deshalb versuchen ihre gesellschaftlichen Visionen zu konkretisieren um den Rechtsruck zu bekämpfen.
Unser Ziel muss es sein Menschen glaubhaft zu erklären, wie diese andere, bessere Gesellschaft funktionieren kann und wie wir sie erreichen. Vor allem aber müssen wir im Hier und Jetzt Kämpfe organisieren und Alternativen erproben, in denen Menschen konkret erleben, dass es sich lohnt, in und mit der linksradikalen Bewegung für ein besseres Leben für alle zu kämpfen. Die heutige Demonstration und die Arbeit von vielen Gruppen, die an dieser beteiligt sind, können ein Schritt auf dem Weg dahin sein!
Deshalb: Gemeinsam Kämpfen gegen den Rechtsruck und die rassistische Stimmung in unserer Gesellschaft!
Aber dabei das Hauptproblem nicht aus dem Augen und der Kritik nehmen. Ein antirassistischer Kampf muss auch immer einer antikapitalistischer sein! Gegen den Kapitalismus und für den Kommunismus!